Wenn man in einer bestimmten kritischen Kultur als relevant gelten will, dann soll man bitteschön nicht versuchen, zeitgemäß zu wirken. Denn sonst macht man sich verdächtig, sich dem sogenannten Zeitgeist anzubiedern. Stattdessen zeigt man am besten, das man unbequeme Wahrheiten präsentiert, die dem Trend der Zeit diametral entgegengesetzt sind (der sogenannte Sarrazin Effekt).
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Ob das nicht auch ein kleinen wenig lächterlich ist, sei dahingestellt. Aber etwas Wahrheit hat dieser Gedanke: wenn man etwas relevantes tun und sagen möchte, muss man sich hüten nicht bloß ein Echo der Stimmen zu sein, die einen umgeben. Es braucht Rückzug und – um jetzt spaßenshalber mal in ganz ekliges “Zukunft-braucht-Herkunft-Fahrwasser zu kommen – Rückbezug.
Das ist wichtig bei dem Gedanken der Kontextualisierung. Es geht nicht um einen billigen Aufruf zur Modernisierung. Synchronität allein reicht nicht. Der Versuch einer einfachen Übertragung des Christentums wirkt schal und mißlingt meistens (“Christsein kann auch cool sein – siehe, wir haben jetzt Schlagzeug im Gottesdienst”).
Aber bei einer einfachen Asynchronität kann es auch nicht bleiben. Neulich las ich auf einer Homepage von ultraorthodoxen Katholiken die Meinung, dass die Junge Leute heute vor allem an einer hochliturgischen, streng konservativen lateinischen Messe interessiert wären. Die Tendenzen zur Selbststabilisierung sind in den Kirchen heute allgegenwärtig und umso offensichtlicher eine Krise des Christentums wird, umso mehr klammert man sich an Althergebrachtes.
Dagegen möchte ich den Begriff der Wiederholung erklären, wie er von Kierkegaard, Walter Benjamin und zahlreichen anderen gebraucht wird. Wiederholung bedeutet hier nicht, etwas genau so zu tun, wie es vorher getan wurde. Zum Beispiel ist ein beliebtes Beispiel: Karl Marx. Bei der “Wiederholung” von Marx geht es nicht darum, dogmatischer Marxist zu werden, sondern sowohl seiner Gegenwart als auch der Geste von Marx treu zu sein und diese Geste in der Gegenwart zu wiederholen. Dabei kann man uU zu ganz anderen Resultaten kommen, als das historische Vorbild.
Vielleicht ist das ein Begriff der uns in der Diskussion um Kontextualisierung weiterhilft: es geht um eine Wiederholung der Geste des Christentums, der Geste, die in den Evangelien und bei Paulus jeweils verschieden wiederholt wird.